Der Drops ist gelutscht!
Was für eine schockierende Nachricht! In Hessen werden tatsächlich Kontrollen von Wohnmobilen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen durchgeführt. Wer hätte das gedacht? Im Mittelpunkt dieser spannenden Überprüfungen steht die Frage, ob die Vorschriften zur Nutzung eines digitalen EG-Kontrollgeräts eingehalten werden und ob der Fahrer auch tatsächlich eine Fahrerkarte dabei hat. Und weil wir ja alle so gerne im Dschungel der gesetzlichen Regelungen für die private Nutzung von Wohnmobilen über 7,5 Tonnen herumirren, haben wir die Europäische Kommission um eine Klarstellung / Stellungnahme gebeten.
Kleiner Spoiler: Ihr werdet sicher (nicht) begeistert sein von der Antwort!
Unsere Fragen
Sehr geehrter Damen und Herren,
In Hessen werden aktuell verstärkt Kontrollen von Wohnmobilen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen durchgeführt. Im Fokus der Überprüfungen stehen die Einhaltung der Vorschriften zur Verwendung eines digitalen EG-Kontrollgeräts sowie die Mitführung einer Fahrerkarte durch den Fahrzeugführer. Im Zusammenhang mit der privaten Nutzung von Wohnmobilen über 7,5 Tonnen und den entsprechenden gesetzlichen Regelungen möchten wir um Klarstellung und Stellungnahme zu den folgenden Punkten bitten:
1. Notwendigkeit der Fahrerkarte für private Nutzung
Frage 1.1: Muss ein Wohnmobil über 7,5 Tonnen, das ausschließlich für private Zwecke genutzt wird (z. B. für Urlaubsfahrten oder Freizeitaktivitäten), eine Fahrerkarte verwenden?
Frage 1.2: Falls eine Fahrerkarte erforderlich ist, welche rechtlichen Grundlagen machen dies notwendig, wenn das Fahrzeug nicht gewerblich genutzt wird?
2. Pflicht zur Verwendung eines digitalen Kontrollgeräts (Tachograph)
Frage 2.1: Ist ein digitales Kontrollgerät (Tachograph) für ein privat genutztes Wohnmobil über 7,5 Tonnen gesetzlich vorgeschrieben, und wenn ja, auf welcher Grundlage?
Frage 2.2: Falls das Fahrzeug privat genutzt wird, aber trotzdem ein digitales Kontrollgerät vorhanden ist, wie wird die private Nutzung von einer gewerblichen Nutzung unterschieden, und welche Kontrollen sind hier vorgesehen?
3. Ausnahmen für private Nutzung
Frage 3.1: Gibt es eine spezifische Ausnahme für Fahrzeuge wie Wohnmobile über 7,5 Tonnen, die privat genutzt werden, sodass keine Fahrerkarte oder digitales Kontrollgerät erforderlich sind, auch wenn sie technisch unter die gewerblichen Regelungen fallen würden?
Frage 3.2: Wenn ein Fahrzeug über 7,5 Tonnen wiegt, aber nicht gewerblich, sondern privat genutzt wird, unterliegt es dann immer noch den Regeln des digitalen Kontrollgeräts und der Fahrerkarte, oder gibt es hier eine Ausnahme?
4. Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) und Weiterbildungspflicht für private Fahrer
Frage 4.1: Wenn ein Wohnmobil über 7,5 Tonnen für private Zwecke genutzt wird, muss der Fahrer dann eine Weiterbildung gemäß dem Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) absolvieren?
Frage 4.2: Wenn ja, wie wird sichergestellt, dass Fahrer, die privat unterwegs sind, keine Weiterbildung absolvieren müssen, falls keine gewerbliche Nutzung vorliegt?
5. Praktische Umsetzung und Kontrolle
Frage 5.1: Wie wird in der Praxis die private Nutzung von einem Wohnmobil über 7,5 Tonnen überprüft, um sicherzustellen, dass keine gewerbliche Nutzung vorliegt und somit keine Fahrerkarte oder digitales Kontrollgerät erforderlich sind?
Frage 5.2: Welche Kontrollen oder Nachweise sind erforderlich, um eine private Nutzung zu belegen und so von den gewerblichen Regelungen für Fahrerkarte und Kontrollgerät befreit zu werden?
6. Grenzen zwischen privater und gewerblicher Nutzung
Frage 6.1: Welche genauen Kriterien bestimmen, ob ein Wohnmobil über 7,5 Tonnen für private oder gewerbliche Zwecke genutzt wird, und wie wird diese Unterscheidung rechtlich und praktisch umgesetzt?
Frage 6.2: Kann ein Wohnmobil über 7,5 Tonnen in bestimmten Situationen sowohl für private als auch für gewerbliche Zwecke genutzt werden, ohne dass Fahrerkarte und digitales Kontrollgerät notwendig sind, wenn beispielsweise gewerbliche Nutzung nur gelegentlich stattfindet?
7. Zukünftige Änderungen und Flexibilität für private Nutzung
Frage 7.1: Besteht die Möglichkeit, dass zukünftige Gesetzesänderungen eine Flexibilisierung der Regelungen für privat genutzte Wohnmobile über 7,5 Tonnen vorsehen, insbesondere hinsichtlich der Nutzung von Fahrerkarte und Kontrollgerät?
Frage 7.2: Gibt es derzeit Überlegungen oder Planungen, die Bürokratie für private Wohnmobil-Besitzer zu reduzieren, um unnötige gesetzliche Anforderungen zu vermeiden, die nur für gewerbliche Fahrzeuge relevant sind.
8. Praktische Auswirkungen auf private Wohnmobilbesitzer
Frage 8.1: Welche praktischen Auswirkungen hat es für den privaten Wohnmobilbesitzer, wenn ein digitales Kontrollgerät erforderlich ist – z. B. bei der Nutzung für Urlaubsfahrten oder bei wechselseitiger gewerblicher Nutzung?
Frage 8.2: Welche Vereinfachungen gibt es für private Wohnmobilbesitzer, um unnötige bürokratische Hürden zu umgehen, die mit gewerblichem Transport verbunden sind, aber bei der privaten Nutzung keine Rolle spielen sollten?
Wir bedanken uns für Ihre Zeit und hoffen, dass diese Fragen dazu beitragen, mehr Klarheit bezüglich der privaten Nutzung von Wohnmobilen über 7,5 Tonnen zu schaffen. Ihre Antworten werden helfen, die rechtlichen Anforderungen besser zu verstehen und eine praxisnahe Lösung für private Fahrzeughalter zu finden.
Mit freundlichen Grüßen,
Theo Dedy
Die Antwort
Sehr geehrter Herr Dedy,
Vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihre ausführlichen Fragen.
Im März 2023 entschied der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-666/21 in einer Vorabentscheidungsfrage zu Wohnmobilen von mehr als 7,5 Tonnen, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in Verbindung mit Art. 3 Buchst. h der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Güterbeförderung im Straßenverkehr“ im Sinne der erstgenannten Bestimmung die Beförderung im Straßenverkehr mit einem Fahrzeug umfasst, dessen zulässige Gesamtmasse im Sinne von Art. 4 Buchstabe. m der Verordnung Nr. 561/2006 7,5 Tonnen überschreitet, und zwar auch dann, wenn das Fahrzeug nicht nur als vorübergehender privater Wohnbereich, sondern auch für die nichtgewerbliche Beladung von Gütern geeignet ist, ohne dass die Ladekapazität dieses Fahrzeugs oder die Kategorie, in der es im nationalen Straßenverkehrsregister erscheint, insoweit eine Auswirkung hat.
Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 würden solche Fahrzeuge auch in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr fallen und müssten mit einem Fahrtenschreiber ausgerüstet sein. Daher würden auch die in der Verordnung Nr. 561/2006 festgelegten Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten der Europäischen Union gelten.
Für die Verwendung eines Fahrtenschreibers und die Anwendung der Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten in der EU für ein Wohnmobil von mehr als 7,5 Tonnen kommt es daher auf das Verladen von Waren (auch auf nichtkommerzieller Basis) an. Es gibt keinen Unterschied bei der Anwendung dieser Regelung, je nachdem, ob das Wohnmobil von mehr als 7,5 t privat oder gewerblich genutzt wird.
Derzeit ist nicht geplant, Änderungen der Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 oder (EU) Nr. 165/2014 vorzuschlagen. Die Kommission verfolgt jedoch kontinuierlich die Entwicklungen in diesem Bereich und kann dort tätig werden, wo sie dies für angebracht hält.
Mit freundlichen Grüße,
European Commission
Directorate-General for Mobility and
Transport
MOVE.C 1: Road Transport
Fazit
Dies könnte bedeuten, dass das Übernachtungsverbot für Lkw-Fahrer während ihrer regulären Wochenruhezeit von 45 Stunden sowie die Rückkehrpflicht für Fahrer und Fahrzeug an den Wohnort hier ebenfalls relevant sind.
Dazu werden wir in einem separaten Blogbeitrag ausführlicher eingehen.
Um es kurz und knapp auf einen Nenner zu bringen ....
Geltungsbereich der Verordnung: Die Verordnung Nr. 561/2006 gilt auch für private Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse über 7,5 Tonnen, die sowohl als Wohnbereich als auch zur Güterbeförderung genutzt werden, selbst wenn dies nicht-gewerblich erfolgt. Entscheidend ist allein die Masse des Fahrzeugs.
Ausstattung und Nutzung irrelevant: Die Nutzung des Fahrzeugs als privater Wohnbereich oder die nicht-gewerbliche Nutzung zur Güterbeförderung beeinflussen nicht die Anwendbarkeit der Verordnung. Auch die Eintragung im Straßenverkehrsregister oder das tatsächliche Beladungsgewicht sind nicht ausschlaggebend.
Verpflichtung zur Einhaltung der Regeln: Für solche Fahrzeuge gelten weiterhin die Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten sowie die Verpflichtung, einen regelmäßig überprüften Fahrtenschreiber zu verwenden.
Ziel der Verordnung: Diese Regeln dienen der allgemeinen Straßenverkehrssicherheit, unabhängig davon, ob das Fahrzeug gewerblich oder privat genutzt wird.
Quellenangabe: Email - European Commission - Directorate-General for Mobility and Transport
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer) vom 2. März 2023 siehe >>> Link <<< RECHTSSACHE C-666/21
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Heinrich O. (Montag, 13 Januar 2025 14:27)
Finde es klasse von dir das du dich so rein kniest.
Und hier alles erklärst.
Schaut man auf Youtube sieht man das die meisten die Verordnung nicht verstehen bzw lesen können. Mach bitte weiter.
Möchte gerne mehr zu dem Übernachtungsverbot und der Rückkehrpflicht wissen.
Danke